Gefühle-Letter Basis 2: “Den freundlichen Wolf füttern”

Vom 17. Januar 2009:

Heute habe ich für Sie eine schöne Geschichte und einige Gedanken aufgeschrieben, die mir in den vergangenen Monaten wichtig waren – vielleicht haben auch Sie Freude daran.

Sie ist aus dem neuen Buch des Wiener Mediators Ed Watzke „Wahrscheinlich hat diese Geschichte gar nichts mit Ihnen zu tun…”:

Ein Jüngling kommt zu einem weisen, alten Schamanen und fragt diesen: „Sag mal, kannst du mir sagen, was in uns Menschen, in unserem Inneren, in unserer Seele vor sich geht?”
„Mein Sohn, das ist so: jeder Mensch trägt zwei Wölfe in sich; einer verkörpert das Gute, die Liebe, die Freude, die Güte, das Mitgefühl, die Hilfsbereitschaft, das Verzeihen; der andere verkörpert alles Schlechte und Üble in uns, den Neid, den Hass, die Gier, den Zorn, die Rücksichtslosigkeit. Diese beiden Wölfe in uns bekämpfen einander fortwährend.”
Darauf der Jüngling:
„Schön und gut, aber wer gewinnt denn nun von den beiden?”
„Es gewinnt der Wolf, den du fütterst!”

„Hab ich doch schon probiert – klappt nicht!” werden Sie jetzt vielleicht sagen? Ja, ich kenne das. Es scheint, dass die einfach klingenden Dinge mehr Gedankenkraft und Disziplin brauchen, als wir bis jetzt dachten. Wissenschaftler wie zum Beispiel Gerald Hüther sprechen hier von der „richtigen Nutzung des Gehirns” (siehe sein Buch „Anleitung für ein menschliches Gehirn”).

Wenn Sie gerade fünf Minuten Zeit für ein kleines Experiment haben, versuchen Sie doch einmal folgendes:
1. Schließen Sie kurz die Augen und hören Sie für eine Minute auf, zu denken. Ja, genau: gar nichts denken!
2. Na, wie ging das?? Nicht so gut? Sind Ihnen Dinge eingefallen, an die Sie gar nicht denken wollten?? Wir sehen, unser Gehirn arbeitet immer weiter, auch wenn wir ihm den Auftrag geben, nichts zu tun. Nichts zu denken schaffen nur Zen-Mönche mit jahrelanger Übung.
3. Die gute Nachricht: Unser Gehirn schafft, außer wenn es intuitiv funktioniert, immer nur eine Aktion! Das heißt, wenn wir die schwierigen Gedanken nicht haben möchten, reicht es, an etwas Schönes zu denken.

Wie zum Beispiel: denken Sie an einen schönen Ort aus Ihrem letzten Urlaub (nein, alles Andere aus dem Urlaub wollen wir jetzt mal beiseite lassen!), also einen schönen Platz. Eine Bank am Meer beim Sonnenuntergang, Schwimmen im Meer, eine schöne Aussicht in den Bergen, ein Platz, an dem eine bezaubernde Begegnung stattgefunden hat, oder eine beeindruckende historische Stätte. Stellen Sie sich eine der erlebten Situationen genau vor: Was haben Sie dort gesehen, gehört, gerochen, gefühlt? Spüren Sie nach, was sich in Ihrem Körper verändert.

4. Na, wie fühlen Sie sich jetzt? Kann es sein, dass Sie für einen Moment schwierige Dinge vergessen haben, mit denen Sie vorher beschäftigt waren?? Genau das ist gemeint!

5. Mit etwas Übung kann man es schaffen, seine Gedanken auf Dinge zu lenken, die angenehm sind, die Kraft schenken statt sie uns zu nehmen.

Das wussten Sie sicher alles schon. Was ich gelernt habe ist, dass man sich an dieses Wissen immer wieder erinnern muss, dass es ein Training braucht, die Art der Gedanken dauerhaft zu verändern.

Also: Wenn Ihnen gerade etwas über den Kopf wächst: füttern Sie Ihren freundlichen Wolf!

Herzliche Grüße,
Jutta Höch-Corona