Gefühlsmonster in der Einzelfallhilfe – ein Erfahrungsbericht

Kim, Sozialarbeiterin in der Einzelfalllhilfe an einer Schule schickte uns folgenden Erfahrungsbericht aus ihrer Arbeit mit den Gefühlsmonster®-Karten:

„Ich habe die Gefühlsmonster®-Karten im Rahmen der Einzelfallhilfe an einer Grundschule als Schulsozialarbeiterin eingesetzt. Das Gespräch fand mit Mykola (Name anonymisiert) statt, einem ukrainischen Schüler, der seit der ersten Klasse in Deutschland ist und mittlerweile die dritte Klasse besucht.

Mykola kam im vergangenen Schuljahr regelmäßig zu mir ins Büro, da er häufig in Streitigkeiten mit Mitschüler*innen geriet und Schwierigkeiten hatte, seine Wut zu kontrollieren. Zunächst haben wir während gemeinsamer Spielphasen darüber gesprochen, wie er seine Wut besser steuern und welche Strategien ihm dabei helfen könnten.

Beim ersten Einsatz der Gefühlsmonster®-Karten wurde das Gespräch deutlich intensiver. Mykola öffnete sich stärker und sprach Themen an, die zuvor nicht zur Sprache gekommen waren. Ich legte mehrere Karten aus, und Mykola wählte spontan einige aus, um über seine Gefühle zu erzählen. Zunächst beschrieb er, welche Karte zu welchem Wochentag passen würde.

Zum neuen Schuljahr berichtete Mykola von gemischten Gefühlen: Er wählte die Karten Nr. 13 und 14, um seine Aufregung und gleichzeitig seine Angst vor dem Schulbeginn auszudrücken.

Zusätzlich nahm er Karte Nr. 11, die seine Vorfreude auf den Schulalltag symbolisierte. Für den Montag wählte er Karte Nr. 10, da er sich innerlich wütend fühle und schon zu Wochenbeginn mit Streitigkeiten rechne. Die Karten Nr. 1 und 6 beschrieb er als passend für Dienstag bis Donnerstag, da er sich in dieser Zeit häufig ungerecht behandelt, gestresst und überfordert fühle – insbesondere durch Strafarbeiten und vielen Hausaufgaben. Seine Aussage war: „Ich weiß nicht mit was anfangen, viele Aufgaben.“ Im Gegensatz dazu zeigte sich bei der Betrachtung des Wochenendes eine deutliche Entspannung. Mykola wählte erneut Karte Nr. 11 und berichtete, dass er dann fröhlich und ruhig sei, ausschlafen könne, sich mit Freund*innen treffe und keine Konflikte erlebe. Er sagte, dass ihn am Wochenende niemand provoziere oder wegen seiner Deutschkenntnisse herabsetze („du bist schlecht und sprichst nicht gut deutsch.“).

Beim erneuten Gespräch über seine Konflikte in der Schule wählte Mykola die Karten Nr. 7 und 16. Er betonte seinen impulsiven Umgang mit Wut und dass er bei kleineren Auseinandersetzungen schnell das Bedürfnis habe zuzuschlagen. Der Grund, weshalb ich das Gespräch mit Mykola suchte, war ein vergangener Streit, der in einer körperlichen Auseinandersetzung geendet hatte. Auf meine Nachfrage, wie seine Eltern reagierten, wählte er Karte Nr. 4 und berichtete, dass er seinem Vater alles erzählt habe und dabei selbst weinen musste, da ihn die Situation stärker belastet habe als erwartet.

Ich war überrascht, dass Mykola überwiegend traurige und negative Gefühlskarten auswählte, da er mir im Schulalltag meist fröhlich und beliebt erscheint. Daher sprach ich ihn darauf an, wann er sich wohlfühle und gerne zur Schule gehe. Er antwortete, dass er sich auf die Schule freue, wenn dort besondere Anlässe wie Weihnachten gefeiert werden oder etwas Schönes stattfinden würde.

Gemeinsam formulierten wir ein Ziel: Mykola möchte wieder gerne zur Schule gehen und weniger Wut und Konflikte erleben. Wir überlegten gemeinsam, wie er dies erreichen könnte, und besprachen, dass bestimmte „Auslöser-Karten“ (z. B. Nr. 1 und 10) reduziert werden sollen, damit mehr positive Gefühle (z. B. Karten Nr. 6, 13, 14 und 21) Raum bekommen. Er äußerte, dass es für ihn sehr schwierig sei, Streit zu vermeiden, obwohl ihm seit dem Kindergarten geraten werde, Konflikten aus dem Weg zu gehen („wenn du Streit nicht zulässt, passiert nichts“).

Der Einsatz der Gefühlsmonster®-Karten erwies sich als äußerst hilfreich, um mit Mykola über seine Gefühle ins Gespräch zu kommen. Sie ermöglichten ihm, Emotionen zu benennen und zu visualisieren, was aufgrund der bestehenden Sprachbarriere eine wertvolle Unterstützung darstellte.“

Unser herzlicher Dank an Kim für diese wertvollen Einblicke!