Gefühle-Letter Nr. 39: “Scout sein?”

16-scout-1Sind Sie lieber ein Scout oder eine Kämpferin? Was ist Ihr Haupt-Bestreben: Ihre eigenen Überzeugungen zu verteidigen, oder möchten Sie die Welt so klar wie möglich sehen?

Heute möchte ich Ihnen wieder ein TED-Video empfehlen. Julia Galef (TED: Julia Galef Why you think you’re right, even if you’re wrong) zeigt eindrücklich anhand von historischen Beispielen, wie leicht unbewusste Vorannahmen zu einem falschen Urteil führen können und wie schwierig es ist, sich gegen die allgemeine Meinung zu stellen, wenn man eigene Zweifel wichtig nimmt.

Als Metaphern für zwei Arten, mit Informationen und Ideen umzugehen, verwendet Galef die Kämpferin und den Scout.

Wir neigen ganz schnell zum Kämpfen. Wenn unsere Überzeugungen infrage gestellt werden, wenn wir uns angegriffen fühlen. Wenn wir von etwas überzeugt sind, fühlen sich diese Ideen wie Verbündete an. Dann möchten wir erreichen, dass unsere Ideen „gewinnen“ und wir verteidigen sie. Die anderen Ideen und Informationen sind der Feind, den wir ablehnen.

Sie kennen das vielleicht vom Fußball: Wenn die „andere“ Mannschaft ein Foul begeht, finden wir das furchtbar – wenn es die „eigene Mannschaft“ ist, finden wir tausend Gründe, dies zu entschuldigen….

Wenn wir kämpfen, ist unser Adrenalin erhöht, wir handeln aus dem Bedürfnis heraus, uns selbst und unsere Seite zu schützen und den Feind zu bekämpfen.

Was kann uns helfen, im Alltag offen zu bleiben? Möglichst unvoreingenommen an Informationen und Ideen heranzugehen?

Scouts gehen hinaus und verschaffen sich einen Überblick über das Gelände, damit sie gangbare Wege finden. Sie möchten wissen, was wirklich da ist – so genau wie möglich.

Sie bemühen sich um ein genaues Bild der Realität, sogar wenn dies unangenehm oder unbequem ist. Nicht eine Idee soll gewinnen oder verlieren, sondern sie möchten sehen was wirklich da ist. So ehrlich wie möglich.

In welcher Haltung blickt der Scout auf Informationen und Ideen?

1. Neugier. Freude daran, etwas Neues zu lernen. Dafür brennen, Schwieriges zu lösen. Es interessant finden, wenn Informationen auftauchen, die unserer Meinung widersprechen.

2. Offenheit: Es als eine Tugend ansehen, die eigenen Überzeugungen infrage zu stellen. Es als Stärke empfinden, die eigene Meinung ändern zu können.

3. Selbstwertgefühl: Uns als Person wert schätzen, unabhängig davon, ob wir bei einem bestimmten Thema recht haben oder nicht.

Ich finde, es kann sich lohnen, sich im Alltag an den Scout zu erinnern. Mit dem Bild zu gehen, dass wir uns immer mal oben auf einem Baum einen Überblick über das Gelände verschaffen, mit Abstand und Ruhe.

 Was meinen Sie?